Smart Locker & digitale Lösungen für Hotels: Interview mit Hospitality-Experte Michael Zager.
Wie können Hotels mit Personalmangel, Platzproblemen und wachsendem Gästeanspruch umgehen? Im Interview mit Variocube erklärt Michael Zager, Gründer von HOSPITALITY360.de, warum digitale Schließfachlösungen (Smart Locker) zum Gamechanger im modernen Gepäckmanagement werden. Mit über 30 Jahren Branchenerfahrung teilt er konkrete Beispiele, Strategien zur Hotelautomation und zeigt, wie Hoteliers durch smarte Technologien Prozesse optimieren und gleichzeitig den Servicegedanken stärken.
Variocube:
Herr Zager, Sie haben eine beeindruckende Karriere in der Hotellerie hinter sich – von internationalen Hotelgruppen bis hin zur Gründung Ihrer Beratungsfirma HOSPITALITY360.de. Können Sie uns kurz schildern, wie Ihre Leidenschaft für die Hotellerie entstanden ist?
Herr Zager:
Sehr gerne! Durch meine Kindheit in Saudi-Arabien und der Türkei, geprägt von der beruflichen Tätigkeit meiner Eltern in der Gastronomie, war ich von klein auf fasziniert von der Servicewelt. Nach meiner Ausbildung bei Ramada in Frankfurt folgten Stationen bei renommierten Hotelgruppen wie Holiday Inn, Marriott, Wyndham und InterContinental. Seit 2019 unterstütze ich mit HOSPITALITY360.de Hotels dabei, Hotelmanagement zu optimieren, Operational Excellence und innovative Servicekonzepte erfolgreich umzusetzen.

Variocube:
Ein zentrales Thema in Ihrer Arbeit ist die Digitalisierung. Die Hotellerie galt lange als traditionell – wo sehen Sie heute die wichtigsten Veränderungen durch digitale Lösungen?
Herr Zager:
Die Branche hat aufgeholt, besonders durch digitale Tools wie Service-Apps, Forecasting, Revenue-Management-Systeme oder Smart-Check-in-Lösungen. Entscheidend ist dabei, Digitalisierung nicht einfach um ihrer selbst willen einzuführen, sondern sie gezielt zu nutzen, um Gästezufriedenheit zu erhöhen und Mitarbeitenden mehr Zeit für den direkten Gästekontakt und Service zu verschaffen.
Variocube:
Viele Hotels kämpfen aktuell mit Personalmangel. Glauben Sie, dass Digitalisierung hier helfen kann, diesen Engpass zu überbrücken?
Herr Zager:
Ja, aber nur, wenn sie klug eingesetzt wird. Digitalisierung sollte vor allem Routineaufgaben übernehmen, um Mitarbeiter zu entlasten und ihnen Freiraum für echten, persönlichen Service zu schaffen. Wenn man jedoch Mitarbeiter reduziert und blindlings digitalisiert, leidet die Servicequalität wiederum.

Variocube:
Lassen Sie uns über ein konkretes Alltagsproblem sprechen, das nahezu jedes Hotel betrifft: das Gepäckmanagement. Wo sehen Sie hier die größten Herausforderungen?
Herr Zager:
Das Gepäckmanagement ist tatsächlich seit Jahren ein chronisches Problem in vielen Hotels. Architekten und Hotelbetreiber planen oft zu wenig oder gar keinen geeigneten Gepäckraum ein, weil jeder Quadratmeter eher für direkt umsatzbringende Flächen wie Zimmer, Restaurant oder Tagungsräume verwendet wird. Dadurch entsteht häufig ein organisatorisches Problem bzw. Durcheinander – Gepäck stapelt sich hinter der Rezeption oder im Backoffice. Dies verursacht nicht nur Unordnung, sondern auch Sicherheitsrisiken und erschwert den Arbeitsalltag der Mitarbeiter erheblich.
Ein typisches Szenario: Gäste kommen bereits früh morgens im Hotel an, etwa nach einem langen Flug aus Fernost oder Amerika, und möchten ihr Gepäck schon mal sicher abstellen, bis das Zimmer bezugsfertig ist – Check-in ist oftmals erst nachmittags möglich. Oder sie checken morgens aus, haben aber noch Termine, einen Messebesuch oder viele Stunden bis zur Abreise mit Bahn oder Flug und benötigen eine zuverlässige und sichere Gepäcklösung. In Hotels, die darauf nicht gut vorbereitet sind, entsteht hier regelmäßig Stau bzw. Chaos: Koffer stehen im Weg, fallen um oder gehen verloren, Mitarbeiter verlieren den Überblick und Gäste fühlen sich unsicher – dies ist in Hotels weltweit eine Schwachstelle.
Traditionelle Schließfächer mit Schlüsseln oder Zahlencodes, wenn es diese überhaupt gibt, bringen weitere Probleme mit sich: Schlüssel gehen verloren, Zahlenschlösser sind oft beschädigt oder funktionieren nicht, Fächer wirken ungepflegt und werden manchmal sogar von Nicht-Hotelgästen genutzt. Das führt regelmäßig zu Sicherheitsbedenken und Haftungsfragen.
Variocube:
Hier kommen Smart Locker ins Spiel. Was sind aus Ihrer Sicht die Vorteile solcher Lösungen für Hotels und Gäste?
Herr Zager:
Smart Locker, die der Gast digital bucht, bezahlt und nutzt, bieten eine sichere, saubere, selbstständige und einfache Möglichkeit der Gepäckaufbewahrung. Gäste können ihr Gepäck eigenständig verstauen, ohne dabei Mitarbeiter einzubinden. Das entlastet die Hotelteams erheblich und steigert zugleich die Zufriedenheit und das Sicherheitsgefühl der Gäste. Außerdem sind solche Systeme platzsparend und flexibel einsetzbar – ideal für Hotels, die mit akutem Platzmangel zu kämpfen haben.
Variocube:
Gibt es Beispiele, wo Smart Locker bereits erfolgreich eingesetzt werden?
Herr Zager:
Ja, solche Lösungen werden bereits an verschiedenen Orten eingesetzt – zum Beispiel in ausgewählten Hotels der Flemings Gruppe, Privathotels oder in Apartmenthäusern in Wien, die Smart Locker erfolgreich in ihr Serviceangebot integriert haben. Wir sind aktuell im Gespräch mit weiteren Hotels und Hotelgruppen. Dazu gerne mehr im nächsten Punkt.
Variocube:
Worauf sollten Hoteliers bei der Auswahl und Implementierung solcher Smart Locker besonders achten?
Herr Zager:
Die wichtigsten Kriterien sind einfache Bedienbarkeit, Sicherheit und ein Design, das zum Standard des Hotels und der Kategorie passt. Die Locker sollten zudem gut beleuchtet und sichtbar platziert sein, damit Gäste sofort erkennen, wie sie genutzt werden können. Eine attraktive und klare Gestaltung verhindert, dass ein unerwünschter „Bahnhofs-Flair“ entsteht.
Man braucht also nur ein paar Quadratmeter in der Hotellobby, im Flur oder einem Seitenbereich und eine normale Steckdose, um die digitale Abrechnungseinheit und das Schließsystem zu versorgen.
Variocube:
Was halten Sie von der Idee, dass sich mehrere Hotels zusammenschließen, um gemeinsam Smart-Locker-Lösungen zu nutzen?
Herr Zager:
Das ist eine sehr sinnvolle Idee, insbesondere in Städten mit starkem Tagestourismus-Aufkommen oder begrenzten Platzmöglichkeiten. Ein sehr gutes Beispiel ist Innsbruck. Dort gibt es bereits mehrere zentrale Standorte in der Stadt mit Smart-Locker-Lösungen, etwa in Apartmenthäusern oder Einkaufszentren. Diese Standorte werden intensiv von Touristen und Tagesgästen genutzt, die nur für kurze Zeit in der Stadt sind und ihr Gepäck sicher verstauen möchten. Gemeinsame Standorte mit lokalen Partnern wie Einkaufszentren oder Tourismusorganisationen schaffen zusätzliche Synergien und machen die Lösung für alle Beteiligten noch attraktiver. Außer der Indoor-Version gibt es auch wetterfeste Outdoor-Anlagen, die einfach neben dem Hoteleingang oder auf dem Parkplatz sicher aufgestellt werden können.
Variocube:
Abschließend ein Blick in die Zukunft: Wie sehen Sie die Entwicklung der Digitalisierung in der Hotellerie in den kommenden fünf bis zehn Jahren?
Herr Zager:
Ich gehe von einer stärkeren Polarisierung aus. Es wird hoch digitalisierte Budgethotels geben, bei denen Self-Services dominieren – ohne Mitarbeiter – und Premiumhotels, die bewusst auf viel persönlichen Service setzen. Hotels in der Mitte sollten darauf achten, Digitalisierung gezielt zur Serviceverbesserung einzusetzen, Einsparungspotenziale zu nutzen und Umsatz zu optimieren, um nicht den Anschluss zu verlieren.
Variocube:
Zum Abschluss: Welchen Rat würden Sie Hoteliers geben, die aktuell überlegen, in Smart Locker oder ähnliche digitale Lösungen zu investieren?
Herr Zager:
Mein Rat ist, mutig zu sein, aber auch sorgfältig zu prüfen, ob die Technologie individuell anpassbar ist und zuverlässiger Support zur Verfügung steht. Gut integrierte Smart-Locker-Systeme bieten langfristig eine klare Kostenersparnis, höhere Servicequalität, neue Umsatzmöglichkeiten und stärkere Gästezufriedenheit.
Variocube:
Vielen Dank, Herr Zager, für die spannenden Einblicke und Ihre wertvollen Empfehlungen!
Herr Zager:
Ich danke Ihnen ebenfalls und hoffe, dass meine Erfahrungen in dieser Sache Einzelhoteliers, Kollegen und der Branche insgesamt weiterhelfen können!